Von tauben Tauben

Der schwarze Kater - eine Schlüsselfigur im Roman - weist den Weg zum Museum. IMG_1752















Es könnte ja der Eindruck entstehen unsereins hat hier den ganzen Tag nichts Besseres zu tun, als in der Metro zu stehen und Schneematschmänner zu bauen. Dieser Eindruck täuscht. Da mein Horizont betreffs russischer Literatur bislang ungefähr so weit reicht wie von meiner Nasenspitze bis zum Computerbildschirm, bin ich immer um Fortbildung bemüht. Beispiel Bulgakow: Russen lesen DEN Bestseller Michail Bulgakows "Meister und Margarita" ja angeblich, wenn sie knapp den Windeln entwachsen sind. Ich hole das jetzt ein paar Jahre später nach. Der Zufall will es, dass der Roman des ukrainischstämmigen Autors in Moskau spielt. Auf den Spuren des Buches zu wandern, ist relativ einfach. Auf geht´s zu den Patriarchenteichen (Die heißen so, weil der Patriarch hier früher die Fische für sein Mittagsmahl züchten ließ). Von den Teichen ist bloß noch einer übrig, macht aber nix. Genau an diesem Ufer erscheint im Roman zum ersten Mal "Volant". Der tut zwar ganz lässig, ist aber in Wirklichkeit "Der Tod" und sorgt schon wenig später für einen "Unfall" bei denen Gleise, ein Zug und ein abgetrennter Kopf eine Rolle spielen. Weiter gehts bei der Spurensuche in das Haus nebenan, in dem Bulgakow einige Jahre lebte und auch "Meister und Margarita" entsann. Die Wohnung, im übrigen eine waschechte Kommunalka (Wohngemeinschat a la Sowjetunion), lieferte die Vorlage für die zentrale Wohnung im Roman. Leider haben übereifrige Menschen irgendwann in den vergangenen Jahren den Stuck von den Decken gerissen, die rissigen Wände übermalt und die urigen Türen rausgeschmissen. Das Treppenhaus, das Bulgakow-Fans zu einer Art Gesamtkunstwerk ausgebaut hatten, musste auch dran glauben. Zum Glück gibt es ein paar Unermüdliche, die schon wieder eifrig die Wände bepinseln. Gleich nebenan gibt es noch eine Art privates Bulgakow-Museum. Da ist es gemütlicher, unter anderem, weil eine lebende weiße Taube rumhockt. Was die allerdings mit dem "Meister" zu tun hat, bleibt noch im Dunkeln. Vielleicht sollte man für solche Fragen doch schon weiter als auf Seite 250 des Romans sein. Zum Abschluss empfiehlt sich ein Besuch im Café Margarita. Die machen da zwar die Atmosphäre mit äußerst geschmacklosem Weihnachtsklimmbimm kaputt, servieren aber eine heiße Schokolade, die vielleicht auch aus Volant einen Engel gemacht hätte.

PS: Wer auch immer Schneeflöckchen entführt hattem hat offensichtlich aufgegeben. Die Nachrichtenagenturen melden 900 Kilometer Schneestau in Moskau und ich eine rote Nase.
Ulrike Buchmann (Gast) - 15. Jan, 16:03

Liebe Diana,
"Der Meister und Margarita" konnten viele Russen resp. Sowjetbürger erst Mitte oder Ende der 80er Jahre zum ersten Mal lesen. Vorher war er dort nämlich nicht erschienen. Da hatten die DDR-Bulgakow-Fans ihren Freunden einiges voraus. Volant, so wirst Du bei Deiner weiteren Lektüre bestimmt bald merken, ist weit mehr als der profane Tod. Er ist ein Zauberer, ein Teufel, der Gegenspieler Gottes, der Versucher und so weiter. Und dann die hineingewobene Pilatus-Geschichte, alles vor dem Hintergrund ideologischer Gleichmacherei in den 20er- 30er Jahren, ein tolles Buch! Kein Wunder, dass Bulgakows Landsleuten vorenthalten werden sollte.

Ganz liebe Grüße
Ulrike

Mischkala - 18. Jan, 15:59

Kater at his best

Hallo Ulrike, der Meister liegt zwar schon längst in der Ecke (und irgendein Sibirienkult über Wale auf dem Nachttisch), aber der Bulgakow lässt mich nicht los. Mein Herz gehört dem Kater, in welcher Straßenbahn er auch immer gerade sitzt.

Grüße nach Berlin (?)

Diana

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„Jeder russische Mensch fühlt, wenn er auf Moskau blickt, dass es seine Mutter ist“, sagte der Schriftsteller Lew Tolstoi. Er hat nicht verraten, was die Stadt für Besucher aus der Fremde bereit hält. Ich bin gespannt...

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