Herr Maybach in Moskau
Diplo-Car-Day an der deutschen Botschaft in Moskau. Genau das richtige für jemanden, der auf die Frage "Was hast du denn für ein Auto?" stets immer nur eine Antwort parat hat: "Na, ein grünes!" Diplo-Car-Day bedeutet aber nichts weiter, als das Moskauer Botschaftsangehörige aller Herren Länder zum deutschen 80-Jahre-Bungalow pilgern, um sich ihre künftigen Dienstwagen von Mercedes, BMW, Volkswagen oder Audi auszusuchen. Angeregt wird die Kauflaune durch Liveband (Oasis mit Russenrock), frisch gebackenen Waffeln, Sauerkraut und Bratkartoffeln. Die Besucher des Diplo-Car-Days teilen sich in zwei Gruppen. Erstere, wozu ich und noch zwei bis vier Menschen gehören, lassen sich im Audi-Cabrio fotografieren, machen alberne Faxen vor dem Maybach und interessieren sich zuallererst für die Waffeln. Die zweite Gruppe bekommt bei all dem Chrom schweißnasse Hände und ein Zucken im Gasfuß. Deshalb unternehmen sie gleich mal eine Testfahrt - hoch zu den Sperlingsbergen, wo die Lomonossow-Universität steht und wieder zurück. An den Ständen der Autohersteller kann man die Preisliste erfragen. Botschaftsangehörige kriegen den Luxus auf Rädern für etliche Prozent billiger. So ein Mercedes mit Diplomatenkennzeichen ist schließlich beste Werbung. Der Maybach war für schlappe 680.000 Euro zu haben. Mir persönlich waren der Kühlschrank und die Fernsehbildschirme auf der Rückbank zu klein. Und es gab nur einen Halter für das Champagnerglas. Überzeugend war das nicht.
PS I: Zu den Waffeln
Frische Waffeln gab es nur in der "Kids Area". Was das heißt, erfährt man erst, wenn man nach langem Schlagestehen im betörenden Waffelduft endlich an der Reihe ist: "Waffeln nur für Kinder!" Betteln hilft nichts - Wer sich im Alltag mit Wladimir Putin rumschlägt, lässt sich von Magenknurren nicht erweichen. Die Lösung: Die herumschwirrenden Diplomatenkinder können ihre gute Tat des Jahres vollbringen. Den ganzen Tag haben sie Nintendo gespielt und im kleinen elektrischen Mercedes ihrem Papa nachgeeifert. Die Fünf Minuten-Adoption klappt - die Waffeln sind so gut wie sie riechen.
PS II: Zum Wetter
Sonnenschein wie am Diplo-Car-Day kann ich nicht mehr ohne Argwohn genießen. Vor genau einer Woche zum Stadtgeburtstag war schon einmal Bombenwetter. Die Folge: Die Straßen quollen über vor feiernden Moskauern. Die Mädchen führten Highheels und Miniröcke aus, die Männer stolperten hinterher. Einen Tag später las ich, dass Präsident Medwedew persönlich gottesgleich für Sonnenschein gesorgt hatte. EIn paar Chemie-Raketen hatten die drohenden Regenwolken vertrieben. Das war so erfolgreich, dass der Präsi nun sogar darüber nachdenkt, den Schnee aus der Stadt zu verbannen. Im Winter will er Schechtwetterfronten über der Hauptstadt zum Abbiegen zwingen. Was weiß ich denn nun, wie groß der Einfluss des deutschen Botschafters ist. Schließlich soll kein Regentropfen die Chromkarosserien am Diplo-Car-Day beflecken. Ein besorgter Blick zum Himmel ist da angebracht. Keine Raketen zu sehen. Zum Glück!
Mischkala - 12. Sep, 18:17